Rodung im Osterholz Wald – Bürger:inneninitiative Osterholz Bleibt fordert Aufarbeitung im Wuppertaler Stadtrat

Wuppertal Vohwinkel / Haan Gruiten

Am Dienstag, den 25. Januar hat die Polizei angefangen den besetzten Osterholz Wald zu räumen. Am frühen Nachmittag wurde auch mit der Rodung von 5,5 Hektar Wald begonnen. Die letzten Aktivisti wurden am Donnerstag, den 27. Januar geräumt. Die Rodungsarbeiten halten aktuell noch an.

Die Bürger:inneninitiative sieht ein Totalversagen in Teilen der Lokalpolitik, als auch bei der Firma Oetelshofen in Puncto Aufrichtigkeit und Klimaschutz.

René Schuijlenburg, einer der Sprecher der Bürger:inneninitiative war von Anfang an bei der Räumung im Wald dabei: „Die Polizei kam am vergangenen Dienstag in den frühen Morgenstunden in den Wald. Dabei wurde schnell deutlich, dass die Polizei sich anscheinend nicht besonders für das Versammlungsrecht interessierte. Die Mahnwache wurde verlegt und die Begründung für die Verlegung war ziemlich abenteuerlich. Die Polizei wollte die Mahnwache außerhalb des Waldes verlegen, aber dies wurde von unserer Bürger:inneninitiative abgelehnt. Nach langen Verhandlungen wurde ein alternativer Ort gefunden. Als die Menschen dort ankamen, verlangte die Polizei, dass die Mahnwache wieder verlegt wird. Obwohl der notwendige Sicherheitsabstand von 2 Baumlängen auch bei dem ursprünglichen Standort der Mahnwache eingehalten wurde, war der Polizei der zusammen ausgehandelten alternativen Standort von etwa 5 Baumlängen immer noch nicht weit genug weg. Dies veranlasste die Polizei, obwohl der Landesbetrieb Wald und Forstbetrieb Nordrhein-Westfalen in einem Schreiben vom 13. Januar und 21. Januar die Polizei auf den Sicherheitsabstand von 2 Baumlängen hingewiesen hat. Weiter schrieb die Behörde der Polizei, dass dies insbesondere für das Versammlungsrecht und Journalist:innen gilt. Doch auch mehrere Journalist:innen beklagten, dass sie von der Polizei an ihrer Arbeit gehindert wurden. Später begründete die Polizei die Verlegung auf einmal, dass die Mahnwache verlegt werden musste, weil zu viele Fahrzeuge auf dem Milchweg fahren würden und damit die Sicherheit der Teilnehmer:innen an unserer Versammlung nicht gewährleistet werden könnte. Dieses Argument war unserer Meinung nach vorgeschoben, denn obwohl die Polizei mehrere Zugangswege zum Wald hatte, fuhren Polizeifahrzeuge immer wieder mitten durch unsere Mahnwache. Wir vermuten, dass die Polizei in Wirklichkeit die Versammlung außer Sicht- und Hörweite der Besetzung haben wollte. Unserer Meinung nach hat die Polizei damit gegen das Versammlungsrecht verstoßen. Wir behalten uns daher das Recht vor, rechtliche Schritte gegen die Polizei einzuleiten.“

Mehrere Journalist:innen beklagten sich bei der Bürger:inneninitiative, dass die Polizei sie hinderten ihre Arbeit zu machen. Sie wurden nach langen Verhandlungen zwar durch die Absperrung gelassen, viele Journalist:innen berichteten aber, dass sie auch dort auf großem Abstand gehalten wurden, wodurch sie die Räumung von großen Teile des besetzten Waldes nicht dokumentieren konnten. Eine Journalist:in bekam sogar einen Platzverweis und eine Anzeige.

Am vorletzten Räumungstag hat die Polizei einige Baumhäuser geräumt, die Aktivist:innen aber nicht. Aus diesem Grund mussten einige Aktivist:innen die Nacht im Freien in den Bäumen verbringen. Aus dieser Polizeiaktion heraus entstand eine lebensgefährliche Situation, einige der Aktivist:innen mussten hierdurch am nächsten Tag wegen Unterkühlung im Krankenhaus behandelt werden. Wir sind froh, dass mittlerweile alle Aktivist:innen wieder aus dem Krankenhaus entlassen wurden.

Marjolein Schlüter, eine der Sprecher:innen der Bürger:inneninitiative: „Herr Schneidewind sagte, dass die Situation vor Ort durch einen respektvollen Umgang der Beteiligten miteinander geprägt und weitgehend gewaltfrei verlaufen war. Diesem muss ich vehement widersprechen. Kurz vor Dunkelheit wurden drei Aktivist:innen ihre Baumhäuser unter den Füßen weg zerstört. Somit mussten sie die Nacht bei Minusgraden ungeschützt vor Kälte und Regen auf Ästen verbringen. Auf meine Frage, ob sie warme Decken bzw. Kleider bekommen haben, antwortete die Polizei: »Von uns aus nicht, sie hätten freiwillig runter kommen können«. Hier wurde die Menschenwürde mit Füßen getreten, hier hat die Polizei m.E. grob fahrlässig gehandelt. Und vom menschlichen Aspekt ganz zu schweigen. Das hat mich zutiefst erschüttert“.

Am Vorabend der Räumung wurde eine Pressemitteilung der Firma Oetelshofen veröffentlicht, darin schreibt die Firma u.a. „Die restlichen ca. 195 Hektar des Osterholzes bleiben unangetastet. Außerhalb der bestehenden Steinbruchgrenzen wollen wir keine weiteren Flächen in Anspruch nehmen – weder für Ausgrabungen noch zur Ablagerung.“ Am Donnerstag relativierte Geschäftsführer Till Iseke in der WDR5 Sendung Stadtgespräch diese Aussage. Iseke sagte erneut zu, dass es nach heutigem Stand keine Planungen für weiteren Rodungen im Osterholz Wald gibt. Das Betriebsgelände nahm er von dieser Zusage aus. Aber Till Iseke sagte auch: „Ich bin allerdings jemand der niemals nie sagt.“ René Schuijlenburg dazu: „Mit Aussagen wie: »nach heutigen Stand« und »laut aktuellen Planungen« relativiert Till Iseke die Zusagen, dass es keine weiteren Rodungen geben wird. Am Wanderparkplatz Hermgesberg sind Teile des Waldes eingezäunt. Ich nehme also an, dass Herr Iseke diesen Teil des Waldes als Betriebsgelände betrachtet. Dieser Teil des Waldes ist also auch von Rodung bedroht. Das werden wir nicht hinnehmen. Die Aktionen für den Erhalt des Waldes werden also weiter gehen.“

Oberbürgermeister Schneidewind sagte im WDR 5, dass er erst in November 2020 im Amt kam und deswegen nicht anordnen konnte, dass der Abraum in eine andere Grube in direkter Nähe vom Osterholz Steinbruch gelagert werden muss. Der Grund dafür sei, dass dies nach dem Planfeststellungsbeschluss rechtlich nicht möglich sei. Dabei ließ der Oberbürgermeister unter den Tisch fallen, dass der Planfeststellungsbeschluss erst Ende Mai 2021 da war. René Schuijlenburg dazu: „Herr Schneidewind hatte mehr als sechs Monate Zeit um anzuordnen, dass der Abraum in einer der nahe gelegenen Gruben gelagert werden muss. Er tat es nicht. Was Herr Schneidewind im Moment macht, ist politische Schadensbegrenzung. Auch lässt sowohl die Wuppertaler Ratsfraktion der Grünen, als auch Herr Schneidewind immer wieder unter den Tisch fallen, dass die Grünen in 2019 für die Empfehlung der Stadt Wuppertal gestimmt haben. In dieser von der Bezirksregierung verlangten Empfehlung wurde der Rodung zugestimmt. Es war dann etwas skurril, als die Wuppertaler Ratsmitglieder der Grünen danach anfingen für den Erhalt des Waldes zu demonstrieren, denn sie hatten im Stadtrat der Rodung in 2019 ja selbst zugestimmt.“

Mit Beginn der Räumung und Rodung im Osterholz hat am 25. Januar eine neue Phase angefangen. Die Bürger:inneninitiative hat den Kampf für den Erhalt von 5,5 Hektar Wald im Osterholz vielleicht verloren, aber es wurde viel erreicht. Der Kampf für das Osterholz hat das Thema Waldrodung auch lokal auf die Tagesordnung gesetzt. Am Anfang der Proteste haben viele Politiker:innen das Thema ignoriert. Im Laufe der Zeit war dies jedoch nicht länger möglich. Jeder Firma und jede Stadtpolitiker:in, und auch die Bezirksregierung weiß jetzt, dass sie bei zukünftigen Rodungen auf breiten Widerstand stoßen werden. René Schuijlenburg: „Der Kampf für den Erhalt des Osterholz Waldes zeigt, dass Klimaschutz von der Basis kommen muss, aus die Bevölkerung heraus. Sowohl Politik, als auch Wirtschaft haben komplett versagt. Die Konsequenz daraus kann nur sein, dass wir uns selbst organisieren müssen, damit wir in Zukunft noch schlagkräftiger werden und dadurch Rodungen auch verhindern können. Wir möchten allen Menschen, die sich für den Erhalt eingebracht haben, für ihr Engagement danken. Ohne sie wäre der Wald schon vor langer Zeit gerodet worden. Die Waldbesetzung hat darin eine zentrale Rolle gespielt. Die Aktivist:innen in der Besetzung haben dabei auch Repressionen riskiert. Sie haben alle eine Anzeige bekommen und wir rufen Menschen auf diese Menschen auch nach der Räumung zu unterstützen. Außerdem fordern wir, dass der Wuppertaler Stadtrat die Geschehnisse vor, während und nach der Räumung aufarbeiten. Besonders die Rolle der Polizei muss aufgeklärt werden. Das Behindern von angemeldeten Versammlungen, Journalist:innen und das Vorgehen gegen die Waldbesetzer:innen in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag sind keine Kleinigkeiten. “

Marjolein Schlüter: „Die Räumung ist sehr friedlich verlaufen. Das hat auch der Pressesprecher:in Herr Weiand der Wuppertaler Polizei bestätigt. Trotzdem wurden die Aktivist:innen teilweise einige Tage in Gewahrsam genommen. Nicht wegen Straftaten, sondern weil sie ihre Identität nicht preisgeben wollten. Klimaschutz ist kein Verbrechen! Allerdings werden Menschen, die das Klima schützen kriminalisiert und die, die einen Wald roden, durch das Gesetz geschützt. Allein dafür werden wir weiter kämpfen!“

Am Sonntag, den 06. Februar organisiert die Bürger:inneninitiative wieder einen Waldspaziergang im Osterholz Wald. Der Waldspaziergang startet um 14:00 Uhr am Wanderparkplatz Hermgesberg.

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